WG70 – Briefnotizen und Briefentwurf an Alma Mahler
Neubabelsberg, Donnerstag, 8. September 1910

[Briefnotizen]

Telefonieren  Billet?
wo wohnen?  Angst darum
wo Du?
Telegrammadr. genügt

Schenken ist eine süße Freude, aber
sie verzehnfacht \wird zur Seligkeit/ sich, wenn sie \bei/ dem
Beschenkten solche Seligkeiten auslöst

______
      1650. M. incl alles

_____

[Briefentwurf]

Geliebte, jetzt habe ich glückliche
Tage – heute zwei Briefe.

 Ich depeschierte 14. weil Du es so vor-
schlugst und von möglichst schnell nachkommen
sprachst.

 Ich bin entzückt, daß sie Dir so gefällt,
denn ich habe sie auch immer bewundert u
geliebt. Ich habe sie ja nur als Freudejacke od
dergleichen gedacht und jetzt rot abfüttern
lassen, verstehe nicht ganz was Du ihr für
eine Ehre antun willst. Morgenrock?
Dann müßte das Hemd ein stumpfes
Indigoblau werden, etwa wie der
Grundstoff, damit der im ganzen
rote Eindruck der Jacke selbst gegen
das Hemd absticht. Ich bin für
klare Kontraste, neue Form – neue
Farbe. Rot und blau liebe ich besonders
außerdem steht dir blau ausgezeich-
net. Ob sie bald die lieblichste der
Mütter schmücken wird? Du schönste!
Ich schwimme in Glückseligkeit bei
diesem wonnevollen Gedanken

### eingesetztes Glas
versuchen lassen

___________________
und welch göttliches Genießen wird
diesem Glücke vorausgehen. Ich
könnte das Geschöpf beneiden, das
aus den Gluten der Leidenschaft
\aus/ Willens u Kraft heraus geboren
werden muß. Ich bin voll der
herrlichsten Hoffnungen, daß
der Himmel uns segnen wird.
So rührend schöne Worte hast Du
mir in diesen Briefen geschenkt,
die mich heiß durchströmt haben
\Du/ Geliebter Mensch, ich glaube niemand \u keine Zeiten \keine/ Menschen/
kann \können/ mich Dir mehr von \aus Deinem/ Herzen
reißen, was uns auch für Welten
trennen mögen.

      Was für einen Brief giebst Du Deiner
? im Bett? Danke ihr innigsten
Dank für ihre liebe Hilfe.

      Deine süße Musterschrift giebt
mir jedesmal ein glückliches Lächeln
auf die Lippen

      Wer will Dir meine Briefe
holen. ich vergaß, daß Du nicht telefonieren
kannst, da Du ja im Bett
liegst.


Apparat

Überlieferung

, , , .

Quellenbeschreibung

2 Bl. (2 b. S.) – Notizblock.

Druck

Erstveröffentlichung.

Korrespondenzstellen

Antwort auf AM28 vom 3. September 1910 (Ich brachte Mama den Brief an’s Bett und gieng): Was für einen Brief giebst Du Deiner Mutter? im Bett?, AM29 vom 5. September (Die Jacke ist da – wunderbar schön!): Ich bin entzückt, daß sie Dir so gefällt […]. Dann müßte das Hemd ein stumpfes Indigoblau werden, AM31 vom 5. September 1910 (bis wir Eins sind[.] EiNS[,] Walter): Deine süße Musterschrift und AM32 vom 6. September 1910 (ich habe im Moment des Wegfahrens von Toblach Dein Tel.[egramm] bekommen[.] […] 14. Wien ist noch zu früh): Ich depeschierte 14. weil Du es so vorschlugst. Beantwortet durch AM33 vom 9. bis 11. September 1910 (Karten kann ich keine besorgen): Billet?

Datierung

Der vorliegende Briefentwurf mit einleitenden Briefnotizen beantwortet zwar mehrere vorhergehende Briefe AMs, nimmt jedoch vor allem Bezug auf AM32 vom 6. September 1910, den WG kurz vor AM31 (verfasst am 5. September, nachts), am 8. September erhielt (s. WG69: Dein Brief der heut morgen unerwartet kam) und umgehend beantwortete. AM war zu diesem Zeitpunkt bereits in München, weshalb sich gerade die Notizen zu Beginn des Entwurfes auf den Aufenthalt dort beziehen.

Übertragung/Mitarbeit


(Marie Apitz)
(Bettina Schuster)


A

1650. M. incl alles – Arbeitsnotizen.

B

heute zwei Briefe – wahrscheinlich zunächst AM32 vom 6. September 1910, der auch von der Postlaufzeit deutlich früher zu erwarten war und von mit 17 nummeriert wurde, dann AM31 vom 5. September 1910, von mit einer 18 versehen, die beide am 8. September 1910 bei eingingen.

C

### […] versuchen lassen – Arbeitsnotiz.

D

Brief – Bezug zu AM28 vom 3. September 1910.

E

Deine süße Musterschrift – bezieht sich auf den Passus bis wir Eins sind[.] EiNS [,] Walter in AM31 vom 5. September 1910, wobei EiNS in kalligrafierter Schrift erscheint, wie zuvor auch die Beilage in WG43 vom 8. August 1910.

F

da Du ja im Bett liegst – nimmt Bezug auf AM27 vom 3. September 1910: Ich reise Montag oder Dienstag Mittag mit dem Mittagszug – mit dem Du mir davon fuhrst. – Ich werde Mittwoch nicht wohl sein und möchte da schon in München sein.